Teil 4: Paddeltour Yukon

Paddeltour auf dem Yukon River

Langsam schieben wir das große gelbe Kajak ins Wasser… Der junge Mann von der Kajakvermietung sagt zu uns noch, dass dieser Teil (das Einsteigen und in die Strömung fahren) wohl das schwerste für die nächste Woche sein wird.
Obwohl es mittlerweile schon recht spät ist, fahren wir mit lockeren Schlägen immer weiter aus Whitehorse hinaus. Wir sind total froh, dass wir jetzt die Zivilisation für über zwei Wochen hinter uns lassen können – endlich Ruhe!
Den ersten Tag paddeln wir gemütlich vor uns hin, die Strömung ist recht kräftig und so kommen wir ohne viel Mühe ganz gut voran. Nach ca. 20 Kilometern suchen wir dann nach einem Platz am Ufer, an dem wir übernachten könnten. Schließlich werden wir fündig, eine kleine Halbinsel, es gibt sogar eine Feuerstelle… anscheinend wird dieser Platz öfter genutzt.
Schnell laden wir das Boot aus und machen ein Feuer, um uns zu wärmen und um zu kochen – mhh lecker Nudeln.
Nach einer nicht ganz so erholsamen Nacht (wir müssen uns erstmal wieder ans schlafen im Zelt gewöhnen), fahren wir weiter auf den Yukon in Richtung Lake Laberge.
Durch den Lake Laberge fließt der Yukon durch, er ist ca. 50 Kilometer lang und ist zwischen zwei und fünf Kilometer breit! Ganz schön groß (zumindest für deutsche Verhältnisse)!
Nach ein paar Stunden paddeln, haben wir ihn schließlich erreicht. Es ist leicht windig als wir am See ankommen, aber nicht all zu schlimm… nach einem kurzen Stopp fahren wir um die letzten Sandbänke und dann liegt der große klare See vor uns!
Nach einigen Metern wird der Wind immer stärker! Wir müssen ein Stück raus fahren, um nicht auf irgendwelche Sandbänke zu laufen… doch je weiter wir fahren umso stärker wird der Wind und umso höher werden die Wellen! Langsam wird es echt unangenehm! Die Wellen schlagen ständig über unser Deck… wie hoch mögen sie sein? Vielleicht 80cm? Hoch auf jeden Fall und wir sind viel zu weit vom Land weg!
Ich entscheide mich schließlich, das Boot seitlich zu den Wellen zustellen (soweit es geht) und es irgendwie ans Ufer zu bekommen… Es dauert gefühlt eine Ewigkeit bis wir es schließlich erreichen! Klitschnass springen wir aus dem Boot und suchen nach einer Möglichkeit zum Verweilen oder eventuell zum Übernachten. Nach einigen suchen werden wir fündig, eine Art Camp liegt ca. 2,5 Kilometer entfernt von unserem Anlandeplatz. Es hilft nichts, wir müssen wieder raus – irgendwie!
Mehrmals versuchen wir abzulegen… erfolglos… immer wieder wird das Boot von den Wellen, mit einem Krachen, auf den Steinstrand gespült. Wieder und wieder versuchen wir es… nach fast zehn Versuchen gelingt es schließlich! Doch nach ca. einem Kilometer sitzen wir wieder an Land, spülen uns immer wieder an! Da hier das ablegen unmöglich scheint, gehe ich ein Stück ins Wasser und ziehe das Boot einige hundert Meter zur nächsten kleinen Bucht, in der Hoffnung, dass wir da eventuell ablegen können.
Nach ein paar Versuchen schaffen wir es schließlich auch und der Höllenritt geht weiter! Nur einige Meter vor unserem Ziel werden wir, von ein paar großen Wellen, wieder mit einem Krachen ans Ufer gespült. Schnell ziehen wir das Boot aus dem Wasser und laufen mit trockenen Klamotten zu unserem neuen Camp.
Es liegt am geschützt zwischen Nadelbäumen, hat eine Feuerstelle und jemand hat hier wohl mal einen Unterstand gebaut. Hier bleiben wir schließlich auch über Nacht.
Aber auch am nächsten Morgen sieht das Wetter nicht besser aus, die Wellen sind kein Stück kleiner geworden und vereinzelt ziehen Regen und Gewitterschauer durch… wir entschließen auszuharren und abzuwarten, ob sich das Wetter im laufe des Tages bessert.
Als wir so vor uns hinwarten, kommen uns wieder die Worte des Verleihers in den Sinn… „Das schwerste für die erste Woche ist das Ablegen…“. Da hat er sicht wohl kräftig getäuscht!
Auch unsere elektronischen Geräte haben langsam kein Akku mehr, lediglich ein Handy haben wir nur noch ausgeschaltet in unserer Tasche, aber das wird nur für eventuelle Notrufe verwendet. Erstmal nicht schlimm, aber ab jetzt haben wir keine Uhr mehr! Ab jetzt leben wir in unserem eigenen Rhythmus. Es ist letztlich egal wann wir aufstehen und ins Bett gehen, denn es ist eh immer hell hier oben im Norden (natürlich nur im Sommer).
Am Abend lässt der Wind nach, doch wir entscheiden uns trotzdem zu bleiben.
Wir haben Glück, am nächsten Morgen ist es nicht mehr so windig und wir können weiter!
Fast non – stop fahren wir so schnell wir können weiter, wir wollen einfach nur den See hinter uns lassen!
Auf dem Weg sehen wir zum ersten Mal wieder Menschen, ein paar andere Paddler, die ebenfalls ausgeharrt hatten und zwei Motorboote.
Zwischenzeitlich nimmt der Wind wieder zu und aber wir fahren weiter, auch wenn die anderen Paddler wieder an Land gehen.
Am Abend war es dann endlich geschafft!!! Voller Erleichterung steuern wir den allerersten Campspot an und schlagen dort unser Zelt auf. Mit uns ist hier auch eine andere Dreier – Gruppe von Paddlern, zwei von ihnen kommen aus Taiwan und eine Frau hier aus Kanada (vermutlich eine geführte Tour).
Die nächsten Tage der Tour machen ziemlich Spaß, wir kommen schnell voran und fahren jeden Tag über 50 Kilometer. Wir sehen ein paar Tiere und sehen fast keine Menschen und wenn auch nur andere Paddler.
Viel passiert nicht… außer, dass wir mal mehr und mal weniger Lust zum Paddeln haben unterscheiden sich die Tage nur wenig. Die Landschaft ist leicht hügelig und an der Seite sind steile, helle, vielleicht Sandstein, Ufer.
Ein besonderes Highlight bis Carmacks, der einzige Ort auf der Strecke, ist ein kleiner Baby – Grissly der am Ufer entlang rennt. So ein süßes braunes Fellknäuel!
Der Yukon wird immer breiter und breiter. Immer mehr Flüsse kommen hinzu und lassen den Yukon stetig anschwellen.
Kurz vor Carmacks setzt schließlich Gegenwind ein, aber wir kämpfen uns weiter durch!
Endlich haben wir das kleine 400 Seelen Dorf erreicht. Hier gibt es einen Campingplatz, der nicht sonderlich toll ist, aber er besitzt einen kleinen Imbiss und dort gönnen wir uns gleich jeder einen Burger! Außerdem leihen wir uns jeder ein Fahrrad (ist für zwei Stunden kostenlos) und fahren in den Ort, um dort unsere Vorräte aufzustocken.
Auf dem Campingplatz lernen wir außerdem einen Schweden kennen, der ganz alleine in seinem Kanadier bis zur Beringsee fahren will… schade, dass wir wohl nie erfahren werden, ob er es tatsächlich geschafft hat.
Einen Tag Pause können wir uns leider nicht gönnen, also geht es am nächsten Morgen gleich weiter.
Die berüchtigten five finger rapids liegen vor uns… Was ist das, fragt ihr euch bestimmt?! Rapids sind übersetzt Stromschnellen und die five finger rapids sind eigentlich ein paar riesengroße Steine im Wasser, die den Fluss einengen und dadurch entstehen stehende Wellen. Kurz danach folgen noch die rink rapids, aber diese kann man am rechten Ufer umfahren.

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five finger rapids

Doch bevor wir auch nur eine der beiden Stromschnellen erreichen haben wir zunächst wieder mit dem Wind zu kämpfen. Schließlich reicht es mir und ich versuche mit aller Kraft uns schnell um die nächste Kurve zu fahren. Plötzlich macht es „knack“ und ich habe zwei Teile in der Hand… mein Carbonpaddel ist einfach durchgebrochen. Zum Glück haben wir noch ein Ersatzpaddel dabei!
Kurz danach erreichen wir die five finger rapids, viele hatten uns davor gewarnt und Angst gemacht, also beschließen wir, dass wir erstmal aussteigen und uns das ganze von oben angucken. Gesagt getan, über einen kleinen, schmalen Trail laufen wir direkt über die Stromschnelle und müssen feststellen, dass es absolut nicht schlimm aussieht. Klar, man muss aufpassen, aber schlimm ist etwas anderes!
Nach ein paar Fotos geht es wieder runter zu unserem Boot… zwei Mal noch durchatmen und dann geht’s los! Das Wasser spritzt etwas, aber das wars auch… kein Vergleich zum Lake Laberge! Wir haben die Durchfahrt gefilmt, aber leider kann ich es nicht hochladen, sorry.
Kurz darauf folgen die Rink rapids und dann wars das auch schon wieder mit Stromschnellen.

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Camp

Nach 65 Kilometern finden wir schließlich einen schönen Campspot zum Übernachten.

Die nächsten Tage lässt der Wind einfach nicht nach! Es ist dadurch manchmal sehr anstrengend und frisst an den Nerven, aber trotzdem macht es irgendwie Spaß!

Zwischendurch riecht es immer mal wieder nach Feuer! Überall um uns rum sind immer mal wieder kleine Buschfeuer und Waldbrände. Hier in Kanada ist das recht normal…

Als wir schließlich zur Mündung des White Rivers kommen, wird aus dem klaren Fluss eine weiße Kalksteinbrühe! Aber nicht nur das, der Fluss führt mittlerweile so viel Wasser, dass die Ufer nur noch sehr selten zu sehen sind. Überall sind Sandbänke, Inseln und Ähnliches im Weg. Auch gibt es in unserer Karte auch keine verzeichneten Campspots mehr und wir müssen anfangen uns jeden Tag selber welche zu suchen. Ist nicht schwer, aber kostet etwas Zeit! Am Besten war es einfach auf eine kleine Insel oder Sandbank zu gehen, nur hat man dort oft wenig Schutz vor Wind und Wetter, dafür aber vor Bären.
Auch die Landschaft hat sich verändert, aus den Hügeln sind Berge geworden und es ist nicht mehr Sandstein, der das Ufer säumt, sondern dicker grauer Fels und / oder ein großer Basaltwall.

Dann bricht schließlich der letzte Tag an…
Die letzten 38 Kilometer nach Dawson City vergehen so schnell… es ist sonnig, wie eigentlich immer im Dawson, und unser Kajak gleitet nur so dahin.
In der letzten Kurve sind wir zum einen glücklich es (fast) geschafft zu haben, aber zum Anderen auch traurig, dass es jetzt vorbei ist.

Ein letztes Mal holen wir in Dawson dann unser Kajak aus dem Wasser und langsam realisieren wir, dass wir es wirklich geschafft haben! 715 Kilometer in 16 Tagen (15 Tage effektives paddeln)! Wie zwei Helden fühlen wir uns, als wir unser Equipment abgeben. Unrasiert und ungeduscht, aber glücklich!
Wir holen unser Auto ab und fahren dann erstmal duschen und kaufen uns etwas leckeres zu Essen! Es ist ein komisches Gefühl wieder unter Menschen zu sein, nach so einer langen Zeit in der Einsamkeit.

Seit dem ist nicht allzu viel passiert… wir sind nach Whitehorse zurück gefahren und haben unsere Sachen abgeholt. Hier sind wir nun seit einer Woche und sind am organisieren und planen, außerdem warten wir auf einen bestellten Reifen, um weiter fahren zu können (Warum? Siehe Artikel zuvor) .
Allgemeine Informationen zur Paddeltour:

Der Yukon ist mit ca. 3120 Kilometern einer der längsten Flüsse Amerikas und fließt erst quer durch den Yukon und dann durch Alaska, wo er schließlich in der Beringstraße mündet.

Welchen Verleiher habt ihr gewählt und was kostet es?
Unser Verleiher war „Up North Adventures“ in Whitehorse und es kostet für ein 2er Kajak (16 Tage) ca. 800 kanadische Dollar (rund 600 Euro).

Was habt ihr gegessen?
Zum Frühstück gab es Oatmeal, tagsüber Müsliriegel und abends oft Dose mit Instantreis oder Nudeln.

Hattet ihr Probleme mit Bären oder anderen wilden Tieren?
Nein, außer mit Eichhörnchen, die einem das Essen klauen wollen.

Wie sieht so ein Camp aus?
Sehr unterschiedlich, aber in der Regel ist es ein Platz mit Waldboden, geschützt von Nadelbäumen, auf dem man gut sein Zelt aufstellen kann. Manchmal haben andere Paddler hier schon Feuerstellen, Tische, Bänke und Ähnliches gebaut. Jeder Besucher entwickelt es immer etwas weiter, wenn er kann.

Welche Karte habt ihr verwendet?
Es gibt nur eine einzige Karte vom Yukon River und die ist nicht nur handgezeichnet, sondern auch noch über 30 Jahre alt. Ein paar Sachen haben sich verändert, aber im Großen und Ganzen war sie doch sehr hilfreich.

Was sollte man unbedingt mitnehmen?
Genug zu Essen, warme Kleidung, Streichhölzer, Sonnencreme, Ersatzpaddel, Bärenspray, eine Axt und eine Schaufel.

Warum habt ihr diese Tour gemacht?
Ich habe schon einige Male in Deutschland vom Yukon River gehört, einige bezeichnen ihn auch als das Paddler – Mekka. Also haben wir uns gedacht: „hey, dann fahren wir doch da hin, wenn wir schon mal hier sind!“
Außerdem hat man so die Chance einmal richtig in die Wildnis einzutauchen. Dort ist niemand mehr der kontrolliert, aber auch niemand mehr, der dir helfen kann. So etwas gibt es in Deutschland einfach nicht mehr.

Würdet ihr die Tour empfehlen?
Auf jeden Fall! Doch meiner Meinung nach, ist sie nichts für blutige Anfänger… ein bisschen Erfahrung sollte man unbedingt mitbringen!

Für besonders sportlich Ambitionierte gibt es jedes Jahr den sogenannten Yukon River Quest, es ist das längste Kanurennen der Erde. Es startet immer um Mittsommernacht in Whitehorse und Ziel ist in Dawson (dieselbe Strecke, die wir gefahren sind). Es nehmen ca. 60 Teams aus aller Welt teil. Es gibt sowohl Kajak 1er und 2er als auch Kanadier 1er, 2er und 7er. Auf den Gewinner warten einige Tausend Dollar Preisgeld. Aber einfach wird das nicht, die Besten fahren die 715 Kilometer in rund 46 Stunden (+ einmal 7 Stunden und einmal 3 Stunden Zwangspause).

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Gesamtreisekilometer: 31619

Kategorien: Roadtrip, Teil 4: Paddeltour Yukon | Hinterlasse einen Kommentar

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